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AutorenbildEric wrigth

DHV München: Zu Besuch beim Vortrag von Dr. Peter Cremer-Schaeffer, Leiter der Bundesopiumstelle des

Der Münchener Hanfverband war zu Besuch bei einer Veranstaltung der Bayerischen Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis BAS e.V., die unter dem Titel „Cannabisregulierung in Deutschland“ in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der LMU München stattfand. Der Anlass des Besuches der Ortsgruppe war der Vortrag des als Referent angekündigten Dr. Peter Cremer-Schaeffer, Leiter der Bundesopiumstelle, über den die Münchener Ortsgruppe im Folgenden berichtet.

Die Veranstaltung wurde von Prof Dr. Pogarell (BAS e.V.) organisiert und moderiert, dessen Fachkenntnisse zum Thema Cannabiskonsum u. A. aus der Talkshow “Stadtgespräch” bekannt sind. Die rund 90 Sitzplätze im Saal waren alle belegt, darüber hinaus waren ca. 30 weitere Besucherinnen und Besucher im Raum die die rund zweistündige Veranstaltung stehend oder auf dem Boden sitzend verfolgten. Auch zahlreiche Ärzte waren anwesend, da diese öffentliche Veranstaltung zugleich eine Ärzteschulung war. Nach einem kurzen Vorwort begann um 16:20 Uhr der Vortrag von Dr. Cremer-Schaeffer mit einer interessanten historischen Herleitung, die sowohl positive Aspekte (z. B. über die lange Geschichte von Cannabis als Medizin, den Pariser Künstler-“Club der Haschischesser” bis hin zu Nutzhanf) als auch negative Aspekte (z. B. Gerüchte über Cannabiskonsum als Mutmacher für assasinische Kämpfer) beinhaltete. Danach äußerte sich der Leiter der Bundesopiumstelle zu diversen Problemen rund um das Gesetz zu Cannabis als Medizin.

Hier die interessantesten Punkte aus der Veranstaltung:

Lieferengpässe Auf Nachfrage machte Herr Dr. Cremer-Schaeffer deutlich, dass es keine staatliche Aufgabe sei, Medizin zur Verfügung zu stellen und die Lieferengpässe zu kontrollieren. Daher seien keine Daten über Lieferengpässe vorhanden und folglich keine Bewertung des Umfangs und der Gründe möglich. Der freie Markt sollte das Problem regeln und gute Verdienstmöglichkeiten zu einer Befriedigung der Nachfrage führen. Auf Einwand unseres Sprechers Micha Greif, dass das nicht funktioniere, entgegnete Dr. Cremer-Schaeffer, dass das für das BfArM aus den zuvor genannten Gründen nicht nachvollziehbar sei.

Eigenanbau Laut Dr. Cremer-Schaeffer gab es nur einen Patienten, der Medizinalhanf für sich angebaut habe. Über nicht genehmigten medizinischen Eigenanbau wurde allerdings nicht gesprochen.

Importe aus Kanada & Co. Dr. Cremer-Schaeffer machte deutlich, dass mittlerweile Klarheit darüber herrsche, dass auch ein Staat, der Cannabis als Genussmittel legalisiert hat, nach Deutschland exportieren könne unter der Voraussetzung, dass der Genussmittelmarkt deutlich vom Medizinalhanfmarkt getrennt ist und auch separat kontrolliert wird.

Kosten Dronabinol vs. Medizinalhanfblüten Prof. Dr. Pogarell erwähnte, dass das Fertigarzneimittel Dronabinol um ein vielfaches günstiger sei als Medizinalhanfblüten. Der Cannabispatient Thorsten H. rechnete daraufhin in Bezugnahme auf eine Veröffentlichung von Dr. Franjo Grotenhermen (ACM) vor, dass das Gegenteil der Fall sei. Darauf entgegnete Dr. Cremer-Schaeffer, dass es sich hierbei um einen Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen handele. Schließlich lägen hier zwei unterschiedliche Arzneimittel vor, die sich nicht 1:1 austauschen lassen. Bei Dronabinol handelt es sich lediglich um einen Wirkstoff (THC) von über 500 Wirkstoffen in der Cannabispflanze. Es könne somit beispielsweise passieren, dass ein Patient, dem Medizinalhanfblüten helfen, Dronabinol nicht einmal vertragen könne. Man solle zum Vergleich der Kosten nicht die reine Wirkstoffdosis heranziehen, sondern die Tagestherapiekosten. Hierbei sei der Vergleich ebenfalls schwierig, da es noch keine amtlichen Empfehlungen für die Dosierung für Blüten gäbe, sondern lediglich zur Höchstdosierung.

Ärzte erhalten wenig Geld Ärzte haben viel Aufwand mit der Antragstellung bei der Kasse, erhalten für die Unterstützung hierzu jedoch nur 15,06 € je Fall. Für die Aufklärung des Patienten über die verpflichtende Datenerhebung gibt es 2,95 € sowie 9,70 € für die Datenerfassung und elektronische Übermittlung ans BfArM. Auf Nachfrage, ob diese Gebührensätze erhöht werden sollte, teilte Herr Dr. Cremer-Schaeffer mit, dass ihm hierzu keine Initiative bekannt sei.

Ärztefindungsproblem Eine Teilnehmerin merkt an, dass manche Patienten extra von München nach Berlin pendeln, da sie in München keine Ärzte finden, die in der Lage und gewillt sind, die Therapie mit Cannabis als Medizin zu betreuen. Auf die Frage, ob es Anstrengungen in der Politik gäbe, das Thema für Ärzte attraktiver zu machen, antwortete Herr Dr. Cremer-Schaeffer, dass ihm keine solchen Anstrengungen bekannt sind.

Kostenerstattung nach Diagnosen Der prozentuale Anteil der verschiedenen Erkrankungen blieb seit Einführung des “Cannabis als Medizin”-Gesetzes weitgehend ähnlich, was für die angemessene Anwendung spricht. Eine Ausnahme gibt es allerdings bei der Diagnose ADHS, hier zahlen nun erheblich weniger Kassen. Der Anteil der ADHS-Diagnosen an den Verschreibungen sank von zuvor ca. 14 % der Fälle auf nun unter 2 %. Die Ursachen hierzu seien unklar.

Durchschnittliche Konsummenge der Medizinalhanfblüten Diese wurde von Dr. Cremer-Schaeffer für den Zeitraum bis 2017, als noch die Ausnahmegenehmigungen galten, auf 1 Gramm pro Tag angegeben.

Forschungen in Israel Publikumsfrage: Warum berücksichtigt man nicht Ergebnisse der dort seit 1947 erfolgten Cannabisforschung? Diese seien laut Herrn Dr. Cremer-Schaeffer berücksichtigt und in seinem Buch “Cannabis. Was man weiß, was man wissen sollte” aufgeführt.

Auch die anwesenden Ärzte hatte Fragen an Dr. Cremer-Schaeffer. Ein Frage bezog sich konkret auf die Verschreibungsmöglichkeit bei CBD-Gras. Diese bejahte Dr. Cremer-Schaeffer. Die Kosten werden allerdings nicht erstattet.

Nach der Veranstaltung sprach unser Sprecher Micha Greif noch persönlich mit Dr. Cremer-Schaeffer. Vorzustellen brauchte sich Micha nicht, denn zu unserer Überraschung kannte ihn Dr. Cremer-Schaeffer bereits. Herr Dr. Cremer-Schaeffer machte deutlich, dass er beim Vortrag “versucht zu beschreiben, nicht zu bewerten”. Das ist ihm in seinem sachlichen und inhaltsreichen Vortrag im Wesentlichen sehr gut gelungen. Allerdings gab es einige aus unserer Sicht sehr relevante Aspekte, die er von sich aus unerwähnt ließ, wie beispielsweise die Lieferengpässe, den verbreiteten illegalen Eigenanbau für medizinische Zwecke, sowie die laufende Klage gegen das aktuelle Ausschreibungsverfahren für den Medizinalhanfanbau. Fairerweise sei hierzu ergänzt, dass diese Punkte nur teilweise in den Zuständigkeitsbereich seiner Behörde fallen, dennoch gehört es zum Thema. Umso mehr lohnt es sich, solche themenbezogenen Fortbildungen zu besuchen, da man aus dem Publikum heraus viele Probleme aus der Praxis thematisieren kann, die ansonsten dem Publikum (inkl. ggfs. anwesenden Ärzten, Juristen und Medien) möglicherweise unbekannt bleiben würden. Änderungsentscheidungen müssen allerdings durch die Politik erfolgen. Herr Dr. Cremer-Schaeffer empfahl den Anwesenden hierzu, entsprechende Verbesserungsvorschläge an die Politik heranzutragen, man habe dafür ein offenes Ohr. Insgesamt war die Veranstaltung sehr interessant, spannend und absolut besuchenswert.

Ein Bericht des DHV München

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