Wir haben euch vor einigen Wochen dazu aufgerufen, euch im Rahmen der Bundestagswahlkampagne “Zeit für Legalisierung!” mit einer Nachricht an eure Wahlkreiskandidatinnen und -kandidaten zu wenden. Bevor wir auf die Inhalte der Antworten eingehen, möchten wir uns zunächst recht herzlich für euer aller Engagement bedanken! Es ist wichtig, nicht nur wählen zu gehen, sondern auch die antretenden Politikerinnen und Politiker zu sensibilisieren – auch wenn diese teilweise durch die vielen ankommenden Mails genervt waren. Die interessantesten, ärgerlichsten und skurrilsten Antworten abseits von bekannten Textbausteinen haben wir hier für euch aufbereitet. Kleiner Disclaimer zum Anfang: Leider können wir aus Gründen des Datenschutzes nicht die Namen der Bewerberinnen und Bewerber veröffentlichen.
CDU: Unterstellungen, weiter reichende Verbotsforderungen, aber auch Gesprächsbereitschaft
Neben dutzenden Textbausteinen der Unions-Kandidatinnen und Kandidaten, die sich primär auf die Gefährlichkeit von Cannabis für Jugendliche konzentrieren, ging ein Bewerber aus Nordrhein-Westfalen sogar noch einen Schritt weiter und möchte legale Drogen verbieten:
“da ich Gesundheit für ein hohes Gut halte, werde ich mich dafür [Cannabislegalisierung] nicht einsetzen, sondern eher dafür, dass jetzt legale Drogen weiter eingedämmt werden, notfalls auch mit Verboten!”
Ein anderer zur Wahl stehender Kandidat aus Hessen unterstellt dem DHV wirtschaftliche Interessen und zeigt damit, dass er sich weder mit unserer Arbeit, noch den vielfältigen Problemen hinter dem Verbot auch nur ansatzweise befasst hat:
“Anders als dem Hanfverband, dem es vor allem um eigene wirtschaftliche Interessen geht, geht es meiner Bundestagsfraktion und mir vor allem um den Gesundheitsschutz der Bürgerinnen und Bürger. Deshalb lehnen wir eine Legalisierung der Verwendung, Herstellung, Export/Import von Drogen inklusive Cannabis als Genussmittel sowie das Absehen von Strafverfolgung bei geringen Mengen weiterhin ab.”
Ein Mindestmaß an Gesprächsbereitschaft zeigte hingegen ein MdB aus Nordrhein-Westfalen:
“Ich bin in der Fragestellung von meiner sehr strikten, ablehnenden Haltung einer Öffnung abgerückt und bin gerne bereit, die Pros und Contras abzuwägen und mich wissenschaftlich beraten zu lassen. Derzeit bin ich aber noch kritisch eingestellt: Die Sorge, die mir genommen werden muss, ist der mögliche Einstieg in härtere Drogen. […] Ich hatte in der letzten Woche ein sehr interessantes Gespräch mit jemanden, der mir erklärte, er sei durch Cannabis von härteren Drogen weg gekommen. Das hat mir bspw. eine neue Perspektive gegeben. Gerne können wir mal ein Telefonat führen oder eine Zoom-Konferenz und wir diskutieren darüber. Ich höre mir gerne jedes Argument an und verschließe mich nicht. Interesse?”
SPD: Neue Wege gehen und billiger Whataboutism
Diverse SPD-Politiker wiesen in ihren Antworten auf den im Wahlprogramm der SPD genannten neuen Umgang mit Cannabis hin. Auch wenn die SPD sich nicht für die Legalisierung von Cannabis für Erwachsene einsetzt, sollte sich die Neu-Positionierung der Partei doch mittlerweile herumgesprochen haben. Nicht so bei einem Bewerber aus Bayern, der auch schon im bayerischen Landtag saß. Anstatt auf die ausführliche Argumentation eines Teilnehmers unserer Aktion einzugehen, “glänzt” der Bundestagsbewerber mit Whataboutism:
“Ich hätte mir gewünscht, dass sie sich im gleichen Umfang für eine gerechtere Welt einsetzen. Jede Woche verhungern Kinder in der ganzen Welt und sterben Menschen bei Kriegshandlungen.Millionen Menschen sind auf der Flucht und haben ihre ganze Existenz verloren. Die soziale Ungerechtigkeit nimmt in der Welt immer mehr zu. Die Demokratie braucht dringend Unterstützung und der Faschismus ist noch nicht besiegt. Es gibt noch viele Aufgaben im Bereich des Umweltschutzes. Und sie wollen sich zudröhnen und den Zugang zu einer weiteren Droge ermöglichen. Ich bin enttäuscht.”
GRÜNE: Cannabiskontrollgesetz und eine genervte Antwort
Auchin der noch laufenden Legislaturperiode haben die GRÜNEN mit dem Cannabiskontrollgesetz wieder den umfassendsten Gesetzesentwurf in Sachen Cannabislegalisierung vorgelegt. Die allermeisten Antworten auf die Mails aus der Community waren positiv, regelmäßig wurde auf das Cannabiskontrollgesetz verwiesen. Exemplarisch sei hier eine Bewerberin aus Niedersachsen genannt, die dem Fragensteller mit
“Jupp, das mach ich. Da können Sie sich drauf verlassen.”
ihren Einsatz für die Legalisierung garantiert. Die Forderung aus unserer Community, sich auch nach der Wahl für die Legalisierung von Cannabis einzusetzen, kam aber nicht bei allen Grünen gut an.
So antwortete ein Bewerber Nordrhein-Westfalen recht genervt:
“mich erreichen in diesen Tagen mehrere dieser kurzen Nachrichten. Vielen Dank dafür. Dazu möchte ich folgende Rückmeldung geben: – Hilfreich sind überschaubare Argumente, warum es aus Ihrer Sicht sinnvoll, den Gebrauch von Canabis (sic!) für Erwachsene zu legalisieren. – Es ist hingegen nicht hilfreich, wenn diese Argumente mich gleichlautend dutzendfach erreichen. Das erhöht nicht das Gewicht der Argumente, sonder (sic!) erhöht höchstens meinen Frust bei der Bearbeitung meiner Emails.”
Warum man einem Politiker der GRÜNEN Argumente für die Legalisierung aufzählen muss, wollte dann auch die Absenderin wissen:
– Eine Legalisierung würde den Schwarzmarkt eindämmen, die Qualität von legalen Drogen könnte überwacht werden. Es würde viel weniger verunreinigte Substanzen und Vergiftungen geben. Der Jugendschutz wäre besser zu gewährleisten. Die Justiz wäre personell, als auch finanziell entlastet… es gibt noch unzählige Argumente, jedoch überrascht es mich, dass ich Ihnen diese darlegen soll, schließlich steht gerade Ihre Partei seit Jahrzehnten für die Legalisierung von Cannabis ein. – naja, die Argumente sind halt offensichtlich, daher kann ich mir vorstellen, dass Sie sehr viele Antworten bekommen werden, die denselben Inhalt haben. Wenn Sie das frustriert, hätten Sie vielleicht nicht nach überschaubaren Argumenten bitten sollen – die Nachricht beinhaltet, die Erwartung, etwas für einen Teil der Bevölkerung zu tun, sofern Sie in den Bundestag einziehen. Das ist m.E. völlig legitim, da Sie, Herr XXXX, nun mal Volksvertreter sind. Das sollte auf Sie nicht bedrohlich wirken, freuen Sie sich doch stattdessen, dass das Volk endlich wieder an der politischen Meinungsbildung teilhaben möchte. – meine E-Mail-Adresse haben Sie. Ich freue mich, vielleicht doch noch eine positiv gestimmte E-Mail von Ihnen zu erhalten, denn ganz ehrlich, würden Sie einen Abgeordneten wählen, der so genervt reagiert? Schließlich möchten Sie unsere Stimme und wenn Sie die wollen, sollten Sie etwas dafür tun…”
LINKE: Zustimmung und YouTube-Links
DIE LINKE war drogenpolitisch sehr aktiv in der vergangenen Legislaturperiode und hat die Änderung der Cannabispolitik ins Wahlprogramm aufgenommen. Dementsprechend zustimmend waren die eingesendeten Antworten, von denen wir exemplarisch die Antworten eines Bewerbers aus Niedersachsen sowie aus Bayern abbilden:
”Mann, der Hanfverband gibt ja Voll„gas“ 😉 Ich bin ein oller Linker, da rennt man programmatisch mit Cannabis-Legalisierung offene Tore ein”,
so der Bewerber aus Niedersachsen, der jedem Mailschreiber auch gleich noch ein Lied des Tages samt YouTube-Link in die Antwort packte.
Der Linke-Kandidat aus Bayern führt seine Vorstellungen zur Legalisierung aus:
“Ich persönlich möchte die Legalisierung lieber staatlich regulierten Zugang nennen. Warum? Weil sich Legalisierung so anhört, als könnten die aktuell aktiven Kriminellen weiterhin für die Versorgung zuständig bleiben. Warum reguliert und nicht kontrolliert, obwohl es auf das Gleiche hinausläuft? Weil ‚kontrolliert‘ eher negativ besetzt ist. […] Super, dass du dich an der Aktion des DHV beteiligst! Es ist wichtig, dass wir hier alle am selben Strang ziehen und nicht lockerlassen! “
FDP: Bausteine, Bausteine und Bausteine
Ein Beweber aus Sachsen steht schon aus “pragmatischen Gründen” hinter der Position des Bundesverbands und auch die Social Media Manager des Instagram-Acounts der Liberalen machen klar: “Wir wollen Cannabis kontrolliert freigeben!” Ansonsten erreichten uns sehr viele Textbausteine mit Ausführungen zu den Forderungen der FDP, auf die wir an dieser Stelle nicht weiter eingehen wollen. Wer unsere Einschätzung zum Programm der FDP nachlesen möchte: In unserem Wahl-Check findet ihr eine Analyse!
AfD: 404 – keine Antworten gefunden
Auch die AfD wurde von einigen aus unserer Community angeschrieben. Antworten haben wir, wie bei unseren Wahlprüfsteinen, aber keine gesehen. Daher können wir an dieser Stelle auch nichts berichten.
Comments